Malene
In der Nacht gewartet. Und am Tag geträumt. Wieder aus dem Traum gefallen. Wieder niemand da, der meinen Sturz abfing. Bis Malene doch noch kam. Sie ließ dieses Mal lange auf sich warten. Ich glaubte schon, sie habe mich verlassen. Wieder einmal. Dieses Mal für immer.
Von der Einsamkeit hatte ich mich lange fern gehalten. Jetzt schlich sie sich wieder ein. Beinahe liebevoll. Sie strauchelte hinein in den leeren Augenblick zwischen gestern, als ich noch träumte, und morgen, wenn ich wieder träume, oder endlich einmal lebe.
Malene kam dann doch noch. Leise. Beinahe unscheinbar. Sie hielt mich. Ohne Worte. Der brüchige Moment, in dem ich nicht weiter wusste, war gleich besser zu ertragen. Ich flehte Malene nicht an, wie sonst, mich nie wieder allein zu lassen oder schneller zurückzukehren. Still genoss ich ihre Anwesenheit. Die nichts Aufdringliches an sich hatte. Nur gegenwärtig war und eindringlich. Reine und dringliche Gegenwärtigkeit. Die mich mit erlittenen Abwesenheiten und Verlassenheiten versöhnte.
Malene glättete ihre Röcke, sie trug noch immer Röcke,
wenn sie zu mir kam, meistens zwei. Sie bot mir ihren Schoß. Ich ließ mich hineingleiten in die duftenden Wellen, die ihre Röcke schlugen. Und fühlte mich behütet. So als sei ich zu Hause. Ob ich träumte oder wachte, spielte keine Rolle. Weil Malene so anwesend war, mir so intensiv ihr Sein anbot, ahnte ich sie, meine Wahrheit. Die Wahrheit, die mir die Liebste ist. Die Einzige, für die es sich lohnt, mich auf den Weg zu machen. Meine liebste Wahrheit hat mit Hingabe und mit Zuneigung zu tun. Vielleicht mit Liebe. Einer, die über marode Grenzen schwappt.
Ich kenne Malene schon immer. Wenigstens kommt es mir so vor. Meine abgekauten Fingernägel krallen sich in die rötlichen und grünen Stoffe ihrer Röcke. Wenn Malene nicht wäre, wo würde ich dann sein? In solchen Augenblicken wie diesen, in denen ich in Hohlräume schlittere, die zwischen fremden Welten klaffen? Sie gaffen mich an und entziehen mir ihren Trost. Malene dagegen breitet einfach ihre Röcke aus. Ich tummele mich in ihnen wie in himmeldurchtränkten Wolken, die ein Zelt spannen über abwesende Zeiten, die ich nicht ertragen kann ….
Copyright Lelia Strysewske – Malene