und Cherub nackt in unserer Mitte
Erstaunlich. Wie jung ich sein kann. Und wach. Mein Leben aus klaren Augen betrachten. Mich selbst. Meine gerötete Haut. Die mir so manches Mal fahl und faltig erschien. Verbraucht von schlaflosen Nächten und rastlosen Tagen. Jetzt strahle ich knackige Unschuld aus. Mein Leib duftet nach Weihrauch und Jasmin. Ich verneige mich scheu vor mir selbst. Beinahe ehrfurchtsvoll. Mit einer nachgiebigen Zärtlichkeit, die ich nicht an mir kenne.
Mich so auszudehnen. Nur heller, weiter Raum zu sein und ein närrisches Lachen mittendrin, das Krusten fortschwemmt, Scham und Gespenster.
Wie oft habe ich mich nach dem Mond gesehnt, seinen Märchen und Mythen, die von den Sternen baumeln. Nun bin ich selbst ein fabelhaftes Licht, das schwappt, über die kantigen Ränder nüchterner Wirklichkeit.
Zum Wundern und Streicheln, diese sanfte Ergebenheit. Zum Bersten und zum Zerspringen. Zum Jauchzen und Rollen auf der Erde, den lehmig-roten Hang hinunter. So aufgeschwemmt von unverhofftem Glück. Wie tanzender Regenbogen, der Brücken malt, aus dem Nichts, zwischen Träumen und Wachen….
copyright Lelia Strysewske – Cherub nackt in unserer Mitte